Neue Heilmittelrichtlinien
Alle Versicherten erhalten notwendige medizinische Versorgung
Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung hat fristgerecht
bis zum 16. Februar 2004 die Heilmittel-Richtlinien des Bundesausschusses
geprüft und bewertet.
Eine Neufassung war notwendig, weil es seit der letzten Änderung im Jahr 2001
einen überproportionalen Ausgabenanstieg der Kosten bei der
Heilmittelversorgung gab. Diese stiegen um mehr als 20 Prozent, ohne dass
hierfür medizinische Gründe erkennbar waren.
Deshalb hat das Bundesgesundheitsministerium den Bundesausschuss
Ärzte/Krankenkassen aufgefordert, die Ursachen dieses Ausgabenanstiegs zu
analysieren und entsprechende Konsequenzen in den Heilmittel-Richtlinien zu
ergreifen.
Der Bundesausschuss hat im Dezember 2003 eine Neufassung der
Heilmittel-Richtlinien vorgelegt.
Dabei war einerseits zu beachten, dass alle Versicherten die notwendige
medizinische Versorgung bekommen.
Andererseits sollten die Ressourcen so eingesetzt werden, dass die
Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit beachtet werden.
Das Bundesgesundheitsministerium hat dem Gemeinsamen Bundesausschuss
mitgeteilt, dass die Heilmittel-Richtlinien nicht beanstandet werden,
wenn die Richtlinien um folgende Regelungen ergänzt beziehungsweise
geändert werden:
1. Ermöglichung der längerfristigen Verordnung
Auch nach Überschreiten der in den Richtlinien geregelten sog.
Gesamtverordnungsmengen (beispielsweise 30 Einheiten für physikalische
Therapie bei einem Kind mit einer angeborenen Fehlbildung des Fußes) ist eine
Fortsetzung der Heilmittelbehandlung möglich, wenn dies medizinisch angezeigt
ist.
Deshalb muss der Begriff der längerfristigen Verordnung ausdrücklich in die
Richtlinien aufgenommen werden.
Folglich erhalten das Kind mit einer schweren spastischen Lähmung, der
Patient mit einem Schlaganfall, die Patientin mit einer schweren
Multiplen Sklerose oder ähnliche Fälle die notwendige Behandlung ohne
Unterbrechung und ohne weiteren bürokratischen Aufwand.
2. Verordnungsfähige Mengen pro Verordnungsblatt ("Rezept")
Die maximale Verordnungsmenge beträgt pro Verordnungsblatt ("Rezept") im
Regelfall sechs Einheiten für die physikalische Therapie und zehn Einheiten
für Maßnahmen der Ergotherapie sowie der Stimmen-, Sprech- und
Sprachtherapie.
Allerdings sind Ausnahmen (beispielsweise für Patienten nach einem
Schlaganfall) möglich.
Diese Verordnungsmengen dienen nicht der Rationierung medizinischer
Leistungen, sondern sind ein sachgerechtes Instrument der Qualitätssicherung
der Heilmittelbehandlung.
In den Fällen allerdings, in denen eine längerfristige Verordnung
erforderlich ist, kann der Arzt die Verordnungsmenge pro Rezept selbst
bestimmen.
Selbstverständlich ist er dabei an die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit
und Sparsamkeit gebunden.
3. Keine Unterbrechungen der Behandlung
Damit sicher gestellt ist, dass durch das Genehmigungsverfahren bei der
Krankenkasse keine Behandlungsunterbrechungen entstehen, gilt die Genehmigung
als erteilt, wenn die Krankenkasse nicht innerhalb von fünf Werktagen
entschieden hat.
Unabhängig vom Ergebnis der Entscheidung über die Genehmigung übernimmt die
Krankenkasse bis zu ihrer Entscheidung die Kosten für die vom Vertragsarzt
verordneten und vom Heilmittelerbringer erbrachten Leistungen.
4. Keine starren Altersgrenzen bei Kindern mit zentralen Bewegungsstörungen
Die zunächst vorgesehene Einführung einer festen Altersgrenze von 12 Jahren
bei Kindern mit zentralen Bewegungsstörungen ist medizinisch umstritten.
Deshalb muss die bisherige Regelung beibehalten werden, wonach die
Entscheidung über den Grad der Hirnreife bei Eintreten der Schädigung und
sich daraus ergebende Folgen für die Behandlung einzelfallbezogen in das
ärztliche Ermessen gestellt wird.
5. Wechselwirkung mit Frühförderung
Die neuen Richtlinien müssen um eine Klarstellung ergänzt werden, dass der
Anspruch auf Heilmittelversorgung durch den Anspruch auf Frühförderung
nicht eingeschränkt wird.
Mit diesen durch das Bundesgesundheitsministerium vorgegebenen Änderungen ist
gewährleistet, dass die Verordnung von Heilmitteln sich lediglich an der
medizinischen Notwendigkeit, nicht aber an ökonomischen Anreizen orientiert.
Die Richtlinien können mit diesen Änderungen am 1. April 2004 in Kraft treten.
Bis dahin gelten die alten Regelungen.
Quelle: www.bmgs.bund.de
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